Presse

Eine Schule für Menschen und Hunde in Oberhausen
von Andrea Micke 

WAZ / NRZ 07.12.2017 

Hannes Tönsing aus Oberhausen hat ein so ganz anderes Buch über eine artgerechte Hundeerziehung geschrieben. Denn ihm geht es darum, „dass der Hund glücklich ist“.

Lilia (15) und Zara (12) sind natürlich bei dem Gespräch dabei. Schließlich sind sie die Assistentinnen von Hannes Tönsing.

Lilia, klein, schwarz, mit schon grauem Schnäuzchen. Zara, klein, wuschelig, wurde auf Lanzarote geboren. Zwei Mischlingshündinnen. Keine Rassehunde, das ist Tönsing wichtig. Das zieht sich wie ein roter Faden auch durch das Buch, das der Hundetrainer geschrieben hat.

„Hundebeben – Ein Enthüllungsroman“ ist ein spannender Krimi. Es ist aber zudem Literatur, bei der Menschen viel über ihre vierbeinigen Gefährten lernen können, damit es denen gut geht. Denn Tönsing ist eines besonders wichtig: „Der Hund soll glücklich sein.“

Der Oberhausener hat seine Trainer-Ausbildung eineinhalb Jahre lang bei der Schule „Animal Learn“ am Chiemsee absolviert. Seit 2009 leitet er hauptberuflich „Mensch lernt Hund, die ganzheitliche Schule für Menschen und Hunde“.

Sein Vorleben habe ihm dabei geholfen, zwischendurch in die Rolle des Autors zu schlüpfen. „Ich hatte eigene Tanztheater-Kompanien in Freiburg, Köln und Essen“, erzählt er. Die Fähigkeit, etwas dramaturgisch aufzubauen, habe er deshalb schon besessen.

Die Geschichte in seinem Buch dreht sich um einen fiesen Welpenhändler. Um radikale Tierschützer, die die Wege der Legalität verlassen haben, um Tiere zu retten. Thema ist aber auch die Stigmatisierung der Rassen. „Die geht am Individuum vorbei“, sagt Tönsing. Nicht jeder Australien Sheperd brauche extrem viel Beschäftigung, ein Dobermann sei nicht per se aggressiv. Überhaupt lehnt er „den Rassenwahn“ ab. Denn der macht seiner Meinung nach die Existenz der üblen Vermehrer von Welpen überhaupt erst möglich.

Die neuen Designerhunde, also quasi Mischlinge mit „Etikett“ wie Border Schnollie oder Labramaner, hält Tönsing für genauso überflüssig angesichts hunderttausender Hunde, die in Tierheimen sitzen.

Der Autor schildert in dem Roman auch, wie leicht man einen freundlichen Hund mit falscher Erziehung verderben kann. Wie da aus einem netten Tier ganz schnell ein völlig verängstigtes, verunsichertes und damit auch aggressives Wesen wird.

„Hundebeben“ ist unterhaltsam. Liest sich so weg. Auf sehr spannende Weise erfährt der Leser eine Menge über die Spezies Hund. Denn das ist etwas, das Hannes Tönsing wichtig ist. Menschen sollten ihre Hunde verstehen.

Witzig schildert der Trainer jenseits des Buches, was in einem Kläffer vorgeht, wenn sein Mensch ihn anschnauzt: „Jetzt sei aber mal still!“ – „Der Hund glaubt, toll, Herrchen oder Frauchen bellt mit. Bellen wir also gemeinsam.“

Was aber ist zu tun, wenn ein Hund ständig Artgenossen anbellt? „Man muss grundsätzlich ein klares Signal setzen, dass man ein bestimmtes Verhalten des Hundes nicht wünscht“, sagt Tönsing. Das könnte ein „Nein“ sein, verbunden damit, die Hand auszustrecken, weil Hunde sehr stark auf Körpersignale achten. Das müsse der Hund zunächst lernen.

Dann müsse man eine Situation schaffen, in der der Hund lernen könne, Artgenossen nicht anzubellen. „Mit ihm in der Aufregung zu arbeiten, ist wie einem Kind auf der Achterbahn das Rechnen beizubringen.“

Tönsing sagt, dass er die Arbeit so gerne macht, weil viel Kreativität dafür notwendig sei. Jeder Hund sei anders genauso wie jeder Mensch. „Die Leute kommen mit Hunden mit Aggressionsproblemen, mit ängstlichen Hunden, hyperaktiven oder solchen, die nicht Auto fahren wollen.“ Oft seien die Menschen für das Fehlverhalten der Tiere zuständig – nicht absichtlich, sondern, weil sie ihr Tier falsch verstehen.

Der Hundetrainer Hannes Tönsing bietet Einzeltraining an. Eine Stunde kostet 45 Euro. Bei einer Zehner-Karte kostet die Stunde 40 Euro. Es gibt ein Zehn-Stunden-System, eine Art Grundschule. „Vor jeder Zusammenarbeit führe ich ein Gespräch mit den Kunden, um herauszufinden, wo das Problem liegt und wie man reagieren kann“, sagt der Oberhausener. Später zeigt er den Menschen, die mittlerweile aus einem Umkreis von 100 Kilometern zu ihm kommen, was sie mit ihren Hunden üben können.

Zu Beißvorfällen sagt Tönsing: „In der Regel senden Hunde tausend Signale aus, ehe sie zuschnappen.“ Meist sei es auch wirklich nur ein Schnappen, kein Beißen. Wenn Hunde den Kopf leicht wegdrehen, heiße das schon, lass mich in Ruhe. Drehen sie den Kopf ganz weg, lecken sich einmal über die Nase, bewegen sich ganz langsam, seien das deutlichere Warnsignale. Menschen übersähen das oft, weil sie diese Hinweise nicht einordnen können. Tönsing: „Hunde sind in ihrer Wahrnehmung ungeheuer schnell, wir Menschen extrem langsam.“